Die Frage, wie Ernst zu den Freikorps kam und was er dort tat, gilt es zu verfolgen. Zunächst einmal soll allerdings eine Person kurz vorgestellt werden, die bereits angesprochen wurde: Graf Rüdiger von der Goltz.
Generalmajor Graf Rüdiger von der Golz, der zuvor in Finnland gekämpft hatte, wurde Anfang des Jahres 1919 damit beauftragt, die Grenzen Deutschlands gegenüber der Sowjetunion zu verteidigen. Er führte als Oberkommandierender die Truppen, die allgemein unter der Bezeichnung „Freikorps“ geführt werden, auch wenn es sich dabei um eine Mischung aus (ehemals) regulären Truppen und den neu zusammen gestellten Freikorps handelte.
Zur Durchführung dieser Aufgabe wurde ihm von der Obersten Heeresleitung die 1. Garde-Reserve-Division zur Verfügung gestellt, die durch Freiwilligenwerbungen vor allem in der Umgebung Berlins neu aufgestellt wurde. Zu den bedeutendsten Formationen der 1. Garde-Reserve-Division gehörten die Abteilung des Grafen York von Wartenburg sowie die Freikorps des Hauptmann Cordt v. Brandis und des Grafen Eulenburg. Führer der Maschinengewehr-Kompanie des Freikorps v. Brandis war der bereits erwähnte Oberleutnant Friedrich Wilhelm v. Oertzen, einer der wichtigsten Chronisten der Freikorpsbewegung. Dem Freikorps v. Brandis gehörte ferner der Feldwebel Friedrich Hildebrandt an, der spätere Reichsstatthalter der NSDAP für Mecklenburg und Lübeck. Kommandeur des ersten Bataillons des Freikorps des Grafen Eulenburg war Major Ernst Buchrucker. Diesem Bataillon gehörte auch Paul Schulz an. Beide wurden später die Führer der sogenannten Schwarzen Reichswehr, die im Berliner Raum den Küstriner Putsch organisierte. (Sauer, Bernhard: Vom „Mythos eines ewigen Soldatentums“ – Der Feldzug deutscher Freikorps im Baltikum im Jahre 1919, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 43 (1995), Heft 10, S. 869–902, hier S.876.)
Eben dieser Friedrich Wilhelm von Oertzen schildert den Beginn der Aktivitäten im Baltikum so:
Graf Goltz traf am 5. Februar 1919 in Libau ein. Die Oberste Heeresleitung hatte ihm zur Durchführung der militärischen Grenzschutzaufgaben die neu formierte erste Garde-Reserve-Division zur Verfügung gestellt. Aber vorläufig stand für Wochen hinaus auch diese Division nur auf dem Papier. Sie mußte erst in Westpreußen auf Freikorpsart durch Freiwilligenwerbung zu einer verwendungsfähigen Kampftruppe aufgefüllt werden. (Oertzen, Friedrich Wilhelm von: Die deutschen Freikorps 1918-1923, München 1936, S.40)
Ende Februar traf dann die für die weiteren militärischen Pläne des Grafen Goltz dringend benötigte 1. Garde-Reserve-Division im Baltikum ein. Auch sie war ihrem Wesen nach eine Zusammenfassung von Freikorps, wenngleich alte Regimentsbezeichnungen weitergeführt wurden. Die Führung der Division hatte Generalmajor Tiede, 1. Generalstabsoffizier war der vielfach bewährte Hauptmann von Rabenau. Teile dieser Division wurden nun vorübergehend auf dem nördlichen Frontabschnitt der Baltischen Landeswehr eingesetzt, um Windau zu erobern. (Oertzen S.52)
Von der Golz selbst betrachtete seine Aufgabe etwas umfassender, als zunächst vorgesehen, wie er später schreibt: Ursprünglich nur zum Schutze Ostpreußens bestimmt, faßte ich meine Aufgabe immer mehr in einer großen Idee zusammen, dem Zukunftsgedanken des schwer bedrohten Deutschtums. (Goltz, Rüdiger von der: Meine Sendung in Finnland und im Baltikum, Leipzig 1920, S.126)
Zu einem abschließenden und unparteiischen Urteil wird vielleicht erst eine spätere Zeit gelangen, soweit Menschen dazu überhaupt fähig sind. Möge dann die von uns bekämpfte bolschewistische Weltanschauung asiatischer Unfreiheit nicht die allein geduldete sein! Das wäre dann wirklich „der Untergang des Abendlandes“. Ihn zu verhindern war unser Ziel. (Goltz, S.145).
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